05 – Montana I & Alberta I

Der Morgen beginnt um 8.00 Uhr mit einem Frühstücks-Buffet in Mammoth Hot Springs; da wird man mehr satt als bei einem amerikanischen Dinner 😉. Die Sinterterrassen sind fußläufig erreichbar und den Weg wert. Hin und wieder fällt es schwer mit dem vollen Bauch die etlichen Holztreppen hoch zu klimmen. Ein weites weißes brodelndes Feld erwartet uns. Zum Teil sind Bäume vom Kalk umschlossen, so schnell wuchern die Kalkschichten. Die frühe Uhrzeit führt dazu, dass ein mystischer Nebel über den Wasserstellen aufsteigt und sich das Sonnenlicht darin verliert.

20190818_193108nDSCN5276DSCN5280DSCN5286DSCN5300DSCN5301DSCN5305DSCN5306DSCN5324DSCN5344DSCN5356DSCN5367DSCN5375DSCN5376DSCN5404DSCN5405DSCN5413DSCN541520190816_224610k

Der Tag geht für Organisation drauf, da wir einiges mit dem in Chicago verpassten Päckchen zu regeln haben. Und siehe da, es ist doch gestern angekommen und nicht verschwunden. Nach so vielen eindrucksvollen Tagen rollen wir nur wenig weiter und kommen am späten Nachmittag an einem wunderbaren Naturplatz an. Unsere App hat ihn empfohlen. Er liegt direkt – d.h. einen Meter – neben der Steilkante am Ufer des Yellowstone River. Hier ist es ruhig und man hat Muße die Berge und Weiden zu bestaunen.

Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.          Augustinus Aurelius

Der Aufbruch geschieht daher am Folgetag spät. Wir rollen durch die endlose Weite, nichts als Prärie, die die Menschen versuchen landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Ein Vielfraß quert die Straße und ansonsten treffen wir wenig Lebewesen, lediglich große Rinderherden rechts und links des Highways. Es zieht zu und Regen fällt. In Monarch stoppen wir im Clark & Lewis-Forrest, da dort kostenfreie Campingstellen mit Feuerring vorgehalten werden. Da wir kein Holz dabei haben, geht Christian auf die Pirsch und nimmt seine Fiscars-Säge mit. Nicht nur um rasch wieder eine Föhre zu zerkleinern, sondern auch um bei möglichen Bärenbegegnungen etwas gewappnet zu sein. Kaum ist das Holz gesammelt, fängt der Regen wieder an. Das Holz wird unterm Rocky verstaut und später damit ein zünftiges Feuer gezündelt.

DSCN544620190817_033141kDSCN5447

Die Strecke nach Kanada verläuft durch Great Falls. Eigentlich lockt der Walmart, unsere Vorräte müssen aufgefüllt werden, aber wo wir schon mal da sind, schauen wir uns den so Great Fall an. Der Missouri wurde hier von Menschenhand gebändigt, doch sieht man noch etliche Felsvorsprünge im Flussbett.

Die Einreise in die Provinz Alberta geht relativ zügig. Nach 22 Minuten sind wir wieder im Land des Ahorns. Leider ist wieder kein Stempel zu bekommen. Der Grenzer will nur wissen, ob wir Waffen, Tabak oder Alkohol mitführen. Der Tag ist noch jung und wir sind ziellos. Wir steuern daher das Weltkulturerbe „Buffalo Head Jump In“ an. Zwischendurch halten wir noch im Ort Fort Macleod. Es lockt das im Ortsnamen befindliche Fort, welches aus Holzpalisaden errichtet ist. Spannender sind aber die Absperrungen im Ort. Hollywood ist mit viel Equipment und Leuten anwesend. Der nächste „Ghostbusters“-Film wird hier produziert. Es wimmelt vor Aufpassern, die darauf achten, dass keine Spielfilmszene festgehalten wird. Irgendwann reißen wir uns los und fahren zum Büffel-Berg. Dort ist das Center bereits geschlossen. Umso besser, auf den Wegen sind keine Menschen mehr und wir sehen uns alles in Ruhe an. Eine Felskante diente den hiesigen „First Nations“ seit über 2000 Jahren dazu, um die Büffel in Herdengrößen zu töten, in dem sie diese auf die Kante zutrieben.

DSCN548420190830_160656kDSCN5490DSCN5494DSCN5509DSCN5515DSCN5534

Die Rockies sind in der Ferne bereits zu sehen. Da zieht es uns hin. Da die Routenplanung sagt, dass wir durch Calgarys Vororte müssen, machen wir einen Abstecher ohne Halt durch die Hochhausschluchten der Millionenstadt Calgarys. Nun wird es links und rechts vom Transcanada-Highway felsiger und höher. Der Rocky kommt in den Rockies an.

DSCN5587DSCN5604

Der Banff NP führt uns in die touristische Stadt Banff. Hier halten wir kurz bei Tim Hortens für Wifi, tanken noch und beeilen uns weiterzukommen. Der alte 1A Highway führt durch dichte Wälder, gerade so haben wir es uns vorgestellt und genießen die Fahrt. Auf dem Lake Louise Campground overflow (ein etwas außerhalb gelegener Schotterplatz, der als Ausweichfläche genutzt wird, wenn der reguläre Campground voll ist) finden wir noch einen Platz und bereiten unser Abendlager vor. In kurzer Entfernung ist ein großer Parkplatz, von dem aus täglich ein Shuttleservice zum Lake Louise mit gelben Schulbussen startet. Unsere Entscheidung direkt zum See zu fahren, bereuen wir nicht, zwar finden wir nur mit Mühe noch einen Parkplatz, aber die langen Warteschlangen am Bushalt sind erschreckend.

DSCN5711DSCN5758DSCN5762

Es ist ratsam weit vor 8.00 Uhr am See zu sein. Wir laufen ca. 1 km zum grün-türkisen Lake und befinden uns im internationalen Menschenauflauf. Leider ändert sich dieses nicht wesentlich auf den stellenweisen steilen Wanderwegen. Wir entscheiden uns für einen über 14 km langen Rundweg und blicken immer wieder auf atemberaubende vergletscherte Berge, zweimal hören wir ein lautes  Krachen, als sich Lawinen gelöst haben. Vom oben gelegenen Big Beehive in über 2.400 Metern haben wir einen fantastischen Blick auf den Lake Louise und auf der anderen Seite auf den Lake Agnes. Unser Abstieg führt uns direkt um den Lake Agnes herum, wo wir Pfeifhasen hören und sehen. Am Auto angekommen, stärken wir uns erst mal. Den Lake Moraine, nur wenige Kilometer entfernt versuchen wir anzufahren, doch ist die Straße abgesperrt. Alle dort vorhandenen Parkplätze sind besetzt, keine Möglichkeit hin zu kommen. So versuchen wir unser Glück nach 17.00 Uhr nochmals und direkt bei unserer Ankunft wird die Sperre aufgehoben! Auf dem Weg zum Lake haben wir nochmals Glück und entdecken kurz einen Schwarzbären direkt am Straßenrand. Oben am See angekommen, wimmelt es auch noch von Touris. Mutige junge Menschen posen auf einem ins Wasser ragenden Baumstamm und springen unter Beifall ins eiskalte Nass. Das Warten und der Weg haben sich gelohnt, Der See liegt idyllisch vor steilen Felswänden auf der einen Seite und Wald gegenüber. Nun haben wir heute genug Eindrücke zu verdauen und fahren wieder zurück zu unserem Overflow Campground. Hier trifft sich die Welt, neben etlichen gemieteten RVs stehen Gefährte aus der Schweiz, Frankreich, Deutschland, Belgien und ein Expeditionsfahrzeug aus Brasilien.

DSCN5790DSCN5808DSCN5845DSCN5851DSCN5877DSCN5904DSCN5919DSCN5936DSCN5941DSCN5951DSCN5958DSCN5984DSCN6003DSCN6004DSCN6045

Am nächsten Morgen verlassen wir nach dem Frühstück den Platz und nehmen den Icefields Parkway/Highway 93. Unterwegs fallen uns immer wieder große Flächen mit braunen Bäumen auf. Später erfahren wir, dass die Ursache ein Borkenkäfer ist, der seine Eier unter die Rinde der Bäume legt. Wir erinnern uns, an der Grenze ein Hinweisschild gesehen zu haben, dass es verboten ist Holz mit Rinde nach Kanada einzuführen.

Zunächst aus der Ferne sehen wir die ersten eisbedeckten Berge. Aus der Nähe erkennen wir dann die enorme Größe der Gletscherflächen. Wir halten an mehreren Outlooks und können uns nicht sattsehen. Am Columbia Icefield legen wir eine Wanderpause mit Hund ein. Anhand der am Weg aufgestellten Jahresschilder sehen wir, wie stark sich der Gletscher bereits zurückgezogen hat. Am Rand des Gletschers ist der Weitergang untersagt, nur geführte Touren sind möglich. In der Ferne sehen wir, mit bloßem Auge kaum erkennbar, mehrere Busse, Menschenschlangen und Wandergruppen auf dem Gletscher. Einige Kilometer weiter lockt uns ein Outlook zum Mittagessen-Stopp. Beim Abbiegen auf die Parkfläche kann Jutta den Rocky nur schwer abbremsen und es stinkt.

DSCN6080DSCN6092DSCN6095DSCN6098DSCN6106DSCN6139DSCN6152DSCN6164DSCN6168DSCN6205DSCN6214DSCN6264DSCN6263

Nach dem Mittagessen entdeckt Christian dann eine dicke dunkle Pfütze am hinteren rechten Reifen. Schnell merken wir, dass es sich um Öl handelt. Wir vermuten zunächst Bremsflüssigkeit. Ein gerade angekommener Reisebus entleert sich und Christian spricht den Busfahrer an und erfragt, wie die Strecke nach Jasper ist, um abzuwägen ob wir mit evtl. eingeschränkter Bremse dort ankommen. Freundlicherweise kommt der Busfahrer mit zum Auto und schaut sich alles an. Er rät zu vorsichtiger und langsamer Fahrt zurück zum nächsten Touristenort. Dort finden wir keine echte Hilfe. Da die Bremse nicht mehr eingeschränkt zu sein scheint, entschließen wir uns zur vorsichtigen Weiterfahrt bis zur nächsten Stadt Jasper. Das sind 102 km ohne Siedlungen zwischendurch. In Jasper haben die dortigen zwei Werkstätten bereits geschlossen. Weit im Osten der Stadt finden wir auf einen spartanisch eingerichteten aber preiswerten Overflow Campground einen Platz.

IMG_1990IMG_2157IMG_2213

Am nächsten Tag sind wir erneut Early Bird und schon vor 8.00 Uhr an der nun doch einzigen Werkstatt im Örtchen. Diese einzige (!) Schrauberanstalt ist so hoffnungsvoll ausgebucht, sodass der Chef uns ohne Blick aufs Auto empfiehlt mal eben die 85 km zum Nachbarort zu fahren, da dort 12 Werkstätten seien. Gehört, getan und um 9.30 Uhr sind wir in Hinton bei Canadian Tire. Dort stellen sie fest, dass die Bremse OK ist, aber unsere Hinterachse Öl verliert. Sie können da nix machen, aber empfehlen uns VW im nahen (!) Edmonton. Sind nur 2½ Stunden Fahrt. Sie kündigen uns an und stellen in Aussicht, dass unser benötigtes Teil bereits in Vancouver ausfindig gemacht wurde. Wir sollen bloß vor 16.00 Uhr dort sein, um es zu bestätigen. Für kanadische Verhältnisse sind 2½h-Entfernung ein Klacks. Wir pausieren öfter, um eine Überhitzung und Brandgefahr zu vermeiden. In Edmonton bei „Norden Volkswagen“ stellt sich heraus, dass das georderte Ersatzteil für die Vorderachse ist und somit nicht geeignet. Schnell spricht sich herum, dass draußen ein „Amarok“ steht und ein VW-Mitarbeiter nach dem anderen gehen heraus und bestaunen unseren Rocky – ein Gefühl als wäre draußen E.T, gelandet. Der Service Manager kümmert sich persönlich um uns und stellt irgendwann fest, dass er die benötigten Teile in ganz Nordamerika nicht bekommen kann. Der Amarok wird in Nordamerika nicht vertrieben und somit gibt’s dafür auch keine Ersatzteile ☹. Wir vertagen uns auf Morgen und gehen auseinander. Ganz vorsichtig fahren wir ein paar Blocks weiter und stehen frei und ruhig für die Nacht, da wir auf dem VW Hof nicht stehen bleiben dürfen.

3 Antworten auf „05 – Montana I & Alberta I

Add yours

  1. Halli-hallo!

    Ich bin absolut zufällig auf Euren Blog gestoßen – und bin direkt dabei geblieben 😊

    Die Panamericana ist ein alter Traum von mir und wird leider auf absehbare Zeit auch erst einmal einer bleiben. Aber zur Kompensation schaue ich Euch bei Eurer Tour über die Schulter 😉

    Viel Spaß und gute Reise weiterhin, Grüße
    Stefan

    Like

  2. Eure Bilder wecken tausend schöne Erinnerungen, danke dafür. Aber muss der copyright Stempel so groß sein? Irgendwie verschandelt er die Motive doch arg.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Erstelle eine Website oder ein Blog auf WordPress.com

Nach oben ↑

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten