#43 – Vom Wasserfall des argentinischen Rio Agrios bis nach Santiago de Chile

Von Zapala aus ging es erst ein Stück über die sagenhafte Ruta 40. Später folgten wir kleineren Provinzstraßen, von denen der Rest nicht mehr geteert war. Wir näherten uns der chilenischen Grenze in den Anden und befanden uns im Mapuche-Land/Reservat – Mapuche bedeutet „Menschen der Erde“. Das indigene Volk der Mapuche lebt in den zentralen und südlichen Regionen von Chile und dem angrenzenden argentinischem Patagonien. Im 19. Und 20. Jht wurden sie in Kriegen bewußt dezimiert. Heute leben sie meist in Armut am Rande der Gesellschaft. An der imposanten Cascada des Rio Agrios, einem Wasserfall, von 45 Metern Höhe fanden wir ein Nachtlager. Keine besonders tolle Idee, denn in der Nacht haben wir nochmals richtig ordentlich den patagonischen Wind zu spüren bekommen. An schlafen war kaum zu denken. Am nächsten Morgen begrüßte uns ein wunderschönes Morgenrot. Wir setzten früh unsere Fahrt über Sand- und Erdpisten fort. Durch einen traumhaften Canyon führte unser Weg bis nach Chos Malal, wo wir wieder auf die Ruta 40 stießen. Dort befindet sich die Mitte der Ruta 40; ideal für ein Spät(früh)stück ohne Wind! Tanken war wieder mal dran und so fuhren wir an eine Säule der örtlichen (staatlichen) YPF-Tankstelle. Die Gesten des Tankwarts konnten wir erst gar nicht deuten. Er schickte uns wieder von der Tankstelle auf die Straße. Erst etwas später bemerkten wir die Autos auf der Straße, die vor der Tankstelle anstanden und wir einfach überholt hatten. Ein echter Fan findet eine Möglichkeit, das Fußballspiel seines gelb-schwarzen Vereins über Netradio zu verfolgen, auch wenn er auf einem anderen Kontinent ist. Nach der letzten Nacht waren wir echt gebeutelt und suchten einen Platz mit viel Windschutz. In einer Sackgasse (einer winzigen Siedlung an der einsamen Ruta 40) neben einer Schule fanden wir diesen und konnten unser Schlafdefizit abbauen. Zu unserer Überraschung hörte nördlich von Ranquil del Norte der Asphalt der Ruta 40 auf. 70 Kilometer ging es über Schotter- und Naturpisten. Nach einem weiteren Tankstopp erlebten wir eine riesige gemischte Herde von Ziegen, Esel, Mulis, Kühen und Pferden. Es müssen weit über 500 Tieren gewesen sein. Mit Kamera und Handy bewaffnet konnten wir dieses Spektakel festhalten. Eigenartig war, dass die Hirten/Gauchos am Ende der Herde ritten, wir überlegten, woher die Tiere den Weg kannten. Vale de Hermoso, ein Tal, dass nicht mal eben so einfach zu erreichen ist, war unser nächstes echt abgelegenes Ziel. Die kurvenreiche und bergauf- und bergab-Piste zog sich über weit mehr als 25 Kilometer hin; die Passhöhe lag bei 2889 Metern. Begegnungsverkehr wurde zur Herausforderung. Aber die fantastischen Aussichten auf immer neue Bergformationen, farbige Schotterhänge und eingeschneite Berggipfel waren es Wert. Das Tal Vale de Hermoso ist eine grüne Hochebene auf 2200 Metern Höhe und umgeben von Vulkanbergen, die sich in allen Gesteinsfarben des Regenbogens zeigen. An einer Flussbiegung schlugen wir unsere Lager auf. Stühle raus und in die Sonne setzen, Drohne steigen lassen, Würstchen über einem Lagerfeuer rösten und den Hund aus dem Fluss retten füllte den Nachmittag. Um schöne Fotos zu machen, zog Christian barfuss durch die eiskalten Fluten des Flusses, und bereute es sogleich. Das Wasser war erbarmungslos kalt. Unser Nachtplatz war einsam und still. Morgens dann 0°C und Eis auf der Motorhaube. Nachdem wir die gesamte Strecke wieder zurückruckelten, kamen uns eine Kohorte von Quads, Motorcrossmaschinen und offenen Geländewagen entgegen. Wieder auf Asphalt bestaunten wir zwei Karsttrichter, die Pozo de las Animas. Dort bricht aufgrund von unterirdischen Hohlräumen Wasser und loses Konglomeratgestein nach. Der nächste Grenzübertritt nach Chile führte uns vorbei an schneebedeckten Berggipfeln. Diesmal hatten wir alle Formalitäten schnell erledigt. Draußen allerdings wartete ein oberwichtiger argentinischer SENASA-Mitarbeiter, der uns in aller Ausführlichkeit seine Macht präsentierte. Im kargen Niemandsland fuhren wir nach der argentinischen Grenze 40 Kilometer bis zur chilenischen Grenzstation. Um schnell zu sein, haben wir vorab schon online die SAG-Formulare ausgefüllt. Diese zeigten wir der netten SAG-Mitarbeiterin, die unsere Daten dann tatsächlich per Hand in einen Kollegblock übertrug. Die restliche Kontrolle war für Chilenen unspektakulär und schnell.

Auf unserem Weg lag noch ein kleiner Wanderweg zum Wasserfall, eigentlich zwei, aber einer war nicht mehr existent. Auf dem Weg zum Auto entdeckten wir etliche Kondore über uns kreisen. Fasziniert beobachteten wir dieses Schauspiel.

Entgegen unserer Gewohnheit, nicht nach der Dämmerung zu fahren, fuhren wir noch etliche Kilometer. Die Teerstraße war top und wenig los. In San Clemente, einem etwas größerem Ort verließ uns die Lust auf Autofahren und wir fanden eine große Wiese am Ortsrand. Hier schien irgendeine Veranstaltung zu sein. Wie sich herausstellte fand am kommenden Wochenende ein traditionelles „Rodeo chileno“ statt. Neugierig vom Pferdegewieher stromerten wir abends über das Gelände. Menschen und Tiere hatten sich in durch Planen und offene Holzpferche ihre Läger gemacht. Gesellig saßen die Reiter und Besitzer dazwischen und grillten ihr Asado. Eine Gruppe lud uns zu Fleisch und Getränk ein.

In aller Frühe wurden wir von lauter traditioneller Musik geweckt. Voller Neugierde durchstriffen wir das Gelände und sahen den Reitern bei ihren Aufwärmritten zu. Mit viel Geschick und Glück kamen wir ohne Tickets auf die Tribüne. Die Arena war voller Huaso (Rinderhirten in Chile, in Argentinen heißen sie Gauchos) in traditioneller Kleidung. Sie bestand aus einem Poncho in Stallfarben sowie einem schwarzen Hut. Trotz der sehr scharf aussehenden Rädchensporen waren keine Spuren von Verletzungen an den Pferden zu sehen. Jeweils ein Team aus zwei Reitern hatte mit einem zu treibenden Rind festgelegte Aufgaben ohne Einsatz von Hilfsmitteln nur mit Pferdekontakt zu erfüllen. Wir bewunderten die Reitkünste und die Wendigkeit der Pferde.

Wieder zurück auf der mautpflichtigen Panamericana führte uns der Weg durch riesige Weinanbaugebiete. Unsere Lieblingsweinsorte CARMENERE kommt hierher und da liegt der Besuch eines Weinguts Nahe. Undurraga ist unser favorisierter Winzer und dieser baut primär im Valle de Maipo an. Neben Wein existieren hier ebenso große Apfelplantagen. So sahen wir auch riesige Hallen von „Dole“ und etliche vollbeladene LKWs mit Äpfeln auf den Straßen.

Direkt an der Hauptstraße liegt das gepflegte und gutbesuchte Weingut „Undurraga“. Nach einer stärkenden Mahlzeit im Reimo, nahmen wir an einer 1,5-stündigen Führung auf Englisch über das Weingut mit abschließender Weinverköstigung teil. Auf Empfehlung von Reisefreunden suchten wir – erstmals auf dieser Reise – für die Nacht einen Campingplatz in der Nähe von Santiago de Chile bei Matias auf.

Nach einer erfrischenden Dusche und ruhigen Nacht, brachte uns morgens ein Uber-Taxi nach Santiago de Chile. Am Palazzio de Moneda starteten wir unseren Rundgang, vorbei an der historischen Börse, dem üppig begrünten Plaza de Armas, der riesiglangen barocken Kathedrale, dem für seinen Fisch bekannten Mercado Central, unzählige farbenprächtigen Kirchen und endeten am pitoresken Neptun-Brunnen. Im Anschluss schlenderten wir zum und dann durch das Barrio Bellavista. Dieses besticht heutzutage durch seine Streetart und seine vielen kleinen gastronomischen Betriebe. Eine Gastronomie mussten wir auch testen und waren nicht nur satt, sondern auch begeistert. Zum Abschluss unserer großen Stadtwanderung besuchten wir noch das Barrio Italia. Mitten auf der Hauptstraße war ein Stadtfest im Gange und mannigfach wurde örtlicher Wein, Käse und künstlerische Darbietungen angeboten.

2 Antworten auf „#43 – Vom Wasserfall des argentinischen Rio Agrios bis nach Santiago de Chile

Add yours

  1. Wieder viel erlebt und gesehen auf dem Weg nach Norden.

    Der Pickup hält gut durch auf den holprigen Pisten.

    Wieviel kostet der Sprit (wenn es welchen gibt)?

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Erstelle eine Website oder ein Blog auf WordPress.com

Nach oben ↑

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten